von Fritz & Partner | Sep. 30, 2025 | Aktuelles, BGH, Wohnungseigentumsrecht
Die Zahlung von Hausgeld gehört zu den zentralen Pflichten eines jeden Wohnungseigentümers. Immer wieder stellt sich in der Praxis die Frage, ob und in welchem Umfang ein Eigentümer mit eigenen Forderungen gegen die Hausgeldforderung der Gemeinschaft aufrechnen kann. Die Antwort darauf ist eindeutig.
- Grundsatz: Keine Aufrechnung mit beliebigen Gegenforderungen
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) ist eine Aufrechnung gegen Hausgeldforderungen der Wohnungseigentümergemeinschaft nur unter engen Voraussetzungen zulässig. Hintergrund ist der Schutz der Liquidität der Gemeinschaft und die Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Verwaltung. Die Hausgeldzahlungen dienen der Finanzierung laufender Kosten wie Instandhaltung, Verwaltung und Betriebskosten. Eine Verzögerung oder Kürzung kann die Funktionsfähigkeit der Gemeinschaft erheblich beeinträchtigen.
- Zulässige Gegenforderungen
Eine Aufrechnung ist nur möglich, wenn die Gegenforderung:
- rechtskräftig festgestellt oder
- von der Gemeinschaft anerkannt ist oder
- aus einer Notgeschäftsführung (§ 683 BGB) resultiert1.
Nicht ausreichend ist es, wenn der Wohnungseigentümer lediglich behauptet, eine Forderung gegen die Gemeinschaft zu haben. Auch vermeintliche Mängel in der Jahresabrechnung oder im Wirtschaftsplan berechtigen nicht zur Aufrechnung. Solche Einwände sind ausschließlich im Wege der Anfechtungsklage gegen den entsprechenden Beschluss geltend zu machen.
- Kein Zurückbehaltungsrecht wegen Abrechnungsstreitigkeiten
Auch ein Zurückbehaltungsrecht (§ 273 BGB) kann nicht mit dem Argument geltend gemacht werden, der Verteilerschlüssel sei unbillig oder die Abrechnung fehlerhaft. Solche Einwände sind ebenfalls im Beschlussanfechtungsverfahren zu klären1.
- Fazit
Die Aufrechnung gegen Hausgeldforderungen ist nur in eng begrenzten Ausnahmefällen zulässig. Wohnungseigentümer sollten sich bewusst sein, dass unberechtigte Kürzungen oder Zahlungsverweigerungen erhebliche rechtliche und finanzielle Konsequenzen nach sich ziehen können.
Haben Sie Zweifel an der Berechtigung einer Forderung hat, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren!
von Fritz & Partner | Sep. 22, 2025 | Aktuelles, Mietrecht
Die Betriebskostenabrechnung ist ein wiederkehrender Streitpunkt im Mietverhältnis. Ein zentrales Element der rechtlichen Auseinandersetzung ist das Einsichtsrecht des Mieters in die zugrunde liegenden Belege. Wird dieses Recht durch den Vermieter verweigert, ergeben sich erhebliche rechtliche Konsequenzen.
- Rechtsgrundlage des Einsichtsrechts
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) hat der Mieter einen grundsätzlichen Anspruch auf Einsicht in die Originalbelege der Betriebskostenabrechnung (§ 259 Abs. 1 BGB). Dieses Recht besteht unabhängig von einem konkreten Verdacht oder einer Begründung durch den Mieter.
Die Einsichtnahme dient der Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Abrechnung und umfasst alle relevanten Originalbelege, wie z.B. Rechnungen, Zahlungsbelege, Wartungsverträge, Versicherungsnachweise, etc.
- Ort und Modalitäten der Einsichtnahme
Die Einsichtnahme hat grundsätzlich in den Geschäftsräumen des Vermieters oder der Hausverwaltung zu erfolgen. Der Vermieter, der seinen Wohn- oder Geschäftssitz nicht am Ort der Mietobjekts hat, muss allerdings dafür sorgen, dass der Mieter eine angemessene und zeitlich ausreichende Einsichtsmöglichkeit am Ort des Mietobjekts hat. Eine Verpflichtung zur Übersendung von Kopien besteht nur in Ausnahmefällen, etwa bei unzumutbarer persönlicher Einsichtnahme.
Kopien sind nicht gleichwertig mit Originalen. Der BGH hat klargestellt, dass Kopien nur dann ausreichen, wenn der Vermieter selbst keine Originale besitzt oder die Vorlage unzumutbar ist.
- Rechtsfolgen bei verweigerter Einsicht
Verweigert der Vermieter die Einsicht in die Belege, hat dies unmittelbare Auswirkungen auf die Fälligkeit etwaiger Nachzahlungsforderungen:
- Der Mieter kann die Zahlung verweigern, solange ihm die Einsicht nicht gewährt wird (Zurückbehaltungsrecht).
- Eine gerichtliche Durchsetzung der Nachforderung durch den Vermieter ist ausgeschlossen, solange das Einsichtsrecht nicht erfüllt wurde.
- Auch laufende Vorauszahlungen können unter Umständen zurückbehalten werden, insbesondere bei verweigerter Einsicht in Wärmelieferverträge.
- Durchsetzung des Einsichtsrechts
Der Mieter kann sein Einsichtsrecht gerichtlich geltend machen, etwa durch:
- Leistungsklage auf Einsichtnahme
- Widerklage oder Einrede im Rahmen eines Prozesses über Nachforderungen
Fazit: Die Belegeinsicht ist ein zentrales Kontrollrecht des Mieters. Ihre Verweigerung durch den Vermieter kann zu erheblichen rechtlichen Konsequenzen.
Benötigen Sie Hilfe? Zögern Sie nicht, uns anzurufen und einen Termin zu vereinbaren.
von Fritz & Partner | Sep. 17, 2025 | Aktuelles, Mietrecht
In unserer täglichen Praxis im Mietrecht taucht immer wieder die Frage auf:
Kann sich ein Mieter auf einen Härtefall nach § 574 BGB berufen, wenn ihm wegen Zahlungsverzugs fristlos gekündigt wurde? Die klare Antwort lautet: Nein.
Rechtslage: § 574 BGB und die Sozialklausel
§ 574 BGB gibt Mietern grundsätzlich das Recht, einer Kündigung zu widersprechen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für sie eine unzumutbare Härte bedeuten würde. Typische Beispiele sind:
- hohes Alter und Krankheit,
- Schwangerschaft,
- fehlender Ersatzwohnraum.
Aber: Dieses Widerspruchsrecht gilt nur bei ordentlichen Kündigungen oder bei außerordentlichen Kündigungen mit gesetzlicher Frist, nicht jedoch, wenn ein Grund für eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund.
Warum ist das so?
Der Gesetzgeber hat bewusst eine Grenze gezogen:
Zahlt ein Mieter seine Miete über einen längeren Zeitraum nicht, liegt in diesem Verhalten ein schwerwiegender Vertragsverstoß. In solchen Fällen ist es dem Vermieter nicht zumutbar, das Mietverhältnis fortzusetzen – selbst dann nicht, wenn der Mieter persönliche Härtegründe geltend macht.
Was bedeutet das in der Praxis?
Fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzug: Kein Härtefallwiderspruch möglich.
Schonfristzahlung (§ 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB): Der Mieter kann die fristlose Kündigung durch vollständige Zahlung innerhalb von zwei Monaten nach Rechtshängigkeit der Räumungsklage unwirksam machen. Aber auch hier gilt: Kein Härtefall nach § 574 BGB.
Fazit:
Die Sozialklausel des § 574 BGB schützt Mieter in vielen schwierigen Lebenslagen – aber nicht bei fristloser Kündigung wegen Zahlungsverzug. Hier hat der Gesetzgeber die Interessen des Vermieters klar höher gewichtet.